Anlässlich des Tages der Pflege am 12.Mai besuchte ich die Tagespflege der Sozialstation im Amt Arensharde. Das war für mich persönlich ein wichtiger Termin. Mein Großvater besuchte selbst lange eine Tagespflege in Niedersachsen. Ich kenne also die Vorteile aus Sicht der Angehörigen. Nun war ich interessiert an der Sicht der Beschäftigen. Bei dem Besuch informierte ich mich über das Konzept der Silberstädter Tagespflege, die Situation der Pflege aus Sicht der Beschäftigten und die Herausforderungen unter Corona.
Ein kommunaler Verein als Träger
Seit Ende 2019 bieten die neu gebauten Räumlichkeiten Platz für bis zu 16 Pflegebedürftige. Der Träger der Einrichtung ist ein gemeinnützigen Verein, der seit 1995 die kommunale Pflegearbeit im Amt Arensharde organisiert. Die Gemeinden des Amtes Silberstedt sind Gründer und Mitglieder des Vereins, zwei Kirchengemeinden und drei DRK-Ortsvereine haben sich angeschlossen. Im Gespräch mit Tanja Carstensen, der stellvertretenden Pflegeleitung der Tagespflege, erfuhr ich, dass ein kommunaler Verein als Arbeitgeber für die Arbeitnehmer*innen ein großer Vorteil sei, da sie nach den Tarifen im Öffentlichen Dienst bezahlt werden. Das waren für mich wichtige Informationen, denn das Konzept eines kommunalen Vereins war mir vorher nicht so bewusst.
„Zeit ist oft noch wichtiger als Geld!“
Viele der Pflegefachkräfte unter den insgesamt 42 Mitarbeiter*innen der Sozialstation, seien aus privaten Einrichtungen gekommen und schätzten die gemeinwohlorientierte Arbeitsorganisation in der Tagespflege. „Dieser Beruf lebt vom Zwischenmenschlichen. Wenn man dann mehr damit beschäftigt ist auf die Uhr zu schauen, als sich Zeit für die Menschen nehmen zu können, dann macht einen das langfristig kaputt.“ Auch Rita Stöcken, Leiterin der Sozialstation, kam zu einem ähnlichen Schluss: „Wir reden derzeit viel über die Bezahlung in der Pflege. Das ist auch richtig und wichtig, keine Frage. Aber letztendlich geht es vor allem um Zeit.“ Wer sich für diesen Beruf entscheide, tue dies in erster Linie nicht aus finanziellen Gründen, sondern weil einem die Menschen am Herzen liegen. Wenn die Arbeit dann aber so getaktet werde, dass die Wirtschaftlichkeit wichtiger werde als die individuellen Bedürfnisse der Menschen, liefe etwas falsch.
Pflegeeinrichtungen sind keine Wirtschaftsunternehmen – sondern ein Ort für Menschen!
Die Tagespflege in Silberstedt ist ein positives Beispiel dafür, wie Pflege funktionieren kann. Sowohl für die Pflegefachkräfte als auch für die zu Pflegenden. Auch wenn das Konzept der Tagespflege noch nicht überall bekannt ist und nur einen kleinen Teil der Pflege ausmache, ist sie ein wichtiger Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge in einer alternden Gesellschaft! Für mich bleibt am Ende vor allem eine wichtige Erkenntnis: „Gesundheit und Pflege darf nicht länger marktwirtschaftlichen Zielen unterliegen. Es geht hier um Respekt und Wertschätzung für die Menschen. Für die Fachkräfte und auch für die zu Pflegenden. Diese dürfen nicht zu Variablen in Rechenbeispielen werden. Das dürfen wir uns als Gesellschaft nicht leisten!“ Die Arbeit der Sozialstation in Silberstedt zeige, dass es möglich sei, diese Aufgabe gemeinschaftlich zu organisieren. Wenn der politische Wille da ist und sich Gemeinden und Verbände zusammenschließen, profitieren sowohl die Arbeitnehmer*innen, als auch die Pflegebedürftigen davon. Diese Modelle zu fördern und ihnen auch die finanzielle Planungssicherheit zu geben, ist Aufgabe der Bundespolitik. “Und damit auch meine!”